FDP: Altersgrenze in der Bundeswehr-Reserve kippen

Die Debatte ist jetzt angestoßen, eine Entscheidung aber wohl erst nach der Bundestagswahl am 26. September zu erwarten: Es geht um den Wegfall der starren Altersgrenze von 65 Lebensjahren für freiwillige Reservisten der Bundeswehr. Der FDP-Verteidigungsexperte Alexander Müller hat diese Forderung am 9. Juni zur ersten Lesung in den Bundestag eingebracht. Sie wurde an den Verteidigungsausschuss verwiesen.

Alexander Müller (Foto), Obmann der FDP im Verteidigungsausschuss, begründete den Antrag so: „Reservisten und Reservistinnen scheiden nach derzeitiger Rechtslage bei Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren aus dem Dienst aus, ganz unabhängig davon, ob die Bundeswehr weiterhin einen Bedarf hat und ob der gesundheitliche Zustand den weiteren Dienst erlaubt. Diese starre Altersgrenze führt dazu, dass benötigtes Personal, welches motiviert ist zu unterstützen, entgegen dem eigenen Willen nicht mehr aushelfen darf.“ Ein Arzt beispielsweise, der in Pandemiezeiten händeringend gebraucht werde, so Müller weiter, „scheidet momentan aufgrund formaler Beschränkungen aus. Das ergibt keinen Sinn.“

In ihrem Antrag fordern die Liberalen die Flexibilisierung der Altersgrenze für Reservisten und eine entsprechende Änderung im Reservisten- und dem Soldatengesetz. Entscheidend soll allein der Gesundheitszustand des Reservisten, seine Freiwilligkeit und der Bedarf der Bundeswehr sein. Müller: „Ältere Reservisten können der Truppe und der Gesellschaft weiterhin vieles bieten und sollen das auch dürfen.“ Ausdrücklich soll damit auch die routinemäßige Aufforderung zur Auskleidung entfallen, die von vielen als Zwang und unwürdig wahrgenommen werde, heißt es in dem Antrag.

Die Liberalen hoffen zwar, dass sie den Antrag noch in dieser Legislaturperiode in die zweite Lesung einbringen können, realistisch betrachtet dürfte das aber knapp werden. Zustimmung könne man bei den Grünen erkennen, Ablehnung bei der Linken und den Sozialdemokraten. Die CDU könne nicht zustimmen, da das Verteidigungsministerium dies nicht wolle. „Eventuell kann aber ein Diskussionsprozess einsetzen. Ein bisschen Licht am Ende des Tunnels gibt es doch – die Auskleidung soll alsbald praxisorientiert reformiert werden.“ Alexander Müller appellierte via Twitter an die „lieben Kolleginnen der CDU/CSU und SPD: Helfen Sie, würdig mit unseren älteren Reservisten umzugehen und stimmen Sie dem Antrag zu.“

Die Tageszeitung „Heilbronner Stimme“ kommentierte: „Wie es heißt, werde bei den Reservisten noch an der Marke 65 festgehalten, weil eine negative Rückkopplung auf die Dienstzeit der Berufssoldaten und Beamten des Bundes zu befürchten sei.“ Österreich habe indes inzwischen die Altersgrenze bei der Reserve auf 70 angehoben, das Technische Hilfswerk in Deutschland die Altersgrenze für Ehrenamtliche sogar komplett gekippt.

Zum Foto:

Etliche freiwillige Reservisten im höheren Lebensalter wie der Gefreite d.R. Rainer Hellberg aus Dormagen am Rhein wollen ihre enorme Bandbreite an Erfahrungen im militärischen und zivilen Bereich weiter in die Bundeswehr einbringen, hier bei der Führung von Ergebnislisten bei einem internationalen Wettkampf. Foto: mic  

4 Kommentare zu „FDP: Altersgrenze in der Bundeswehr-Reserve kippen“

  1. Sehr geehrte Kameradinnen und Kameraden,
    der Antrag der FDP Fraktion „Höchstalter der Reserve abschaffen“ wurde zur weiteren Beratung unter anderem an den Verteidigungsausschuss weitergeleitet. Zur Info: Den Verlauf der Sitzung zum Nachlesen auf den Seiten 96-103 des Plenarprotokoll 19/232 vom 9.6.2021.
    https://dserver.bundestag.de/btp/19/19232.pdf

    „Eine negative Rückkopplung auf die Dienstzeit der Berufssoldaten und Beamten des Bundes sei zu befürchten“ so wird gemutmaßt, wenn die Altersgrenze für Reservistinnen und Reservisten fallen würde. Diese Befürchtung sehe ich nicht, denn die allgemeine Altersgrenze für Beamte und Arbeitnehmer des Bundes, der Länder und der Kommunen liegt ohnehin schon grundsätzlich bei 67 Lebensjahren. Wird nicht sogar die Heraufsetzung des allgemeinen Rentenalters auf das 68. Lebensjahr diskutiert?

    Die besonderen Altersgrenzen für Berufssoldatinnen und Berufssoldaten werden hierbei überhabt nicht tangiert. Ehemalige Berufssoldatinnen und Berufssoldaten, die aufgrund der besonderen Altersgrenze in den Ruhestand getreten sind hätten doch eine riesige Gelegenheit ihre hohe Professionalität und langjährigen Erfahrungen nach dem Prinzip der Freiwilligkeit weiterhin den Streitkräften zur Verfügung zu stellen – eine echte Win-Win-Situation.

    In Einheiten als lebensälterer Reservist Dienst zu leisten, die hohen physischen und psychischen Anforderungen an jeden Einzelnen stellen schließt sich meines Erachtens aus. Für diese Bereiche sind durch die neue Grundbeorderung bereits gute Konzepte auf den Weg gebracht worden. Es sind sicherlich Aufgabenbereiche zu identifizieren, in denen lebensältere Reservistinnen und Reservisten sehr gut ihre langjährigen Erfahrungen und Expertisen einbringen können. Bedarf durch die Truppe, gesundheitliche, persönliche Eignung und Freiwilligkeit vorausgesetzt.

    Für meine Situation als Reservist kann ich konstatieren, dass ich in meiner langjährigen Tätigkeit als Reservist grundsätzlich in militärfachlicher Verwendung als Ausbilder in der zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung eingesetzt worden bin. Meine zivilberufliche Expertise als Berufsschullehrer war hierzu eine entscheidende Voraussetzung. Das professionelle Selbstverständnis meiner Kameradinnen und Kameraden trugen nicht unerheblich zum Gelingen dieser sehr wertvollen Zusammenarbeit bei.

    Zitat aus dem Reservistengesetz: „Reservistinnen und Reservisten, die sich freiwillig verpflichtet haben, ehrenamtlich eine Funktion in der Reserveorganisation der Bundeswehr wahrzunehmen…“. Freiwilligkeit und Wahrnehmung einer ehrenamtlichen Funktion in einer Tätigkeit für die Gesellschaft – und dabei engagiert und mit fester Überzeugung, was Sinnvolles zu leisten.

    Eignung, Leistung und Befähigung stehen Freiwilligkeit, Engagement und Loyalität nicht entgegen und sind wichtige Eigenschaften einer jeden Reservistin eines jeden Reservisten. Wir, bleiben, dran!

    Mit kameradschaftliche Grüßen
    Jens Hasenbanck

    1. Die Würfel sind gefallen – mit dem 65. Lebensjahr ist nun endgültig Schluss als Reservist. Der Verteidigungsausschuss hat sich in der Sitzung vom 23.06.21 als Beschlussempfehlung und Bericht für die Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktionen der AfD und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausgesprochen.

      Nachzulesen unter: https://dserver.bundestag.de/btd/19/310/1931054.pdf

      Ich bin echt sprachlos und richtig frustriert, dass offensichtlich gute und fundierte Argumente keinerlei Einfluss auf politische Entscheidungsfindungen spielen. Der Einfluss des Verbandes der Reservisten auf politische Entscheidungen und ihren Entscheidungsträgern erscheint mir doch eher marginal zu sein. Selbstwahrnehmung und Darstellung der eigenen Einflussnahme auf Entscheidungsprozesse im politischen Kontext sind meines Erachtens nur sehr geringfügig ausgeprägt.

      Ich habe mich an die Vorsitzenden der CDU-Fraktion und der SPD-Fraktion schriftlich zum Thema eingelassen und ihnen aus meiner Sicht wichtige und unschlagbare Argumente (Ehrenamt, gesellschaftliches Engagement, Loyalität) zu diesem Thema unterbreitet. Herr Brinkhaus hat mir durch einen Mitarbeiter zu meinen Einlassungen geantwortet und mir sinngemäß bestätigt, dass es durchaus sinnvoll sei, die Altersgrenze für den Reservistendienst aufzuheben und ich solle mich doch auf jeden Fall weiter engagieren. Eine vollzogene Kehrtwende um 180° – was ist da schief gelaufen? Auf die Antwort der SPD-Fraktion warte ich noch!!!

      Eigentlich auf der politischen Bühne nur eine Petitesse und dennoch fühle ich mich das erste Mal wirklich direkt von einer politischen Entscheidung getroffen. Verloren und abgehängt worden zu sein haben schon viele Bundesbürger selber hautnah empfunden – da verstehe ich, warum Menschen sich in besonderen Lagen verhalten, wie sie sich verhalten.

      Ja, da werde ich mich demnächst um einen Termin bei der Servicestation bemühen, um meine Ausrüstung und Bekleidung zurückzugeben. Aus dem Verband der Reservisten bin ich bereits ausgetreten. Vielleicht bemühe ich mich um die Aufnahme als Reservehelfer in das THW, dort wurde bereits 2013 die Altersgrenze abgeschafft und ehrenamtliches Engagement und helfende Hände werden immer gebraucht.

      Ich melde mich aus dem Kreis!
      Mit kameradschaftlichen Grüßen
      J. Hasenbanck

  2. Moin!
    Nicht viel los hier – das Thema „Reserve Ü65“ hat offensichtlich keine große Anhängerschar. Oder wird das Thema eher bei Facebook, Instagram, TikTok, Twitter und so weiter diskutiert? Hat das klassische Internetforum „ausgedient“, um doch gleich im Thema zu bleiben.
    Noch einmal zum Verständnis: Es geht nicht um das Engagement als lebensälterer Reservist/inn in klassischen Kampftruppeneinheiten mit hohen physischen Belastungen sondern vornehmlich um unterstützende Funktionen und Tätigkeiten wie z.B. Netzwerk-It-Technik, ortsfeste Sanität und Logistik, Verbindungskommandos, zivilberufliche Aus- und Weiterbildung.

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