Sikorsky CH-53K zum geringeren Gesamtpreis?

Ende September hob das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) das Vergabeverfahren im Projekt Schwerer Transporthubschrauber (STH) auf. Grund soll der Preis der Angebote gewesen sein. Damals hieß es: „Im Rahmen der laufenden Vergabe wurde erkannt, dass eine Realisierung des Projektes im geplanten Finanzrahmen bei gleichzeitiger Erfüllung aller Forderungen unwahrscheinlich ist. Die Vergabestelle des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) hat die vorliegenden Angebote als unwirtschaftlich bewertet und aus diesem Grund das Vergabeverfahren aufgehoben.“

Gleichzeitig wurde aber darauf hingewiesen, dass das bisherige Muster CH-53G zeitgerecht zu ersetzen ist, und die Truppe nach wie vor einen entsprechenden Bedarf hat. Das Nutzungsdauerende der CH-53G ist spätestens 2030 erreicht. Schon jetzt ist die Verfügbarkeit mangelhaft. „Das Projekt wird daher mit veränderten Vorgaben fortgesetzt“, so die Bundeswehr damals, denn „die Realisierung des Projekts STH hat für die Bundeswehr eine sehr hohe Priorität, da die Fähigkeit zum Lufttransport sowohl für die Mobilität und Reaktionsfähigkeit von Streitkräften wie auch für Hilfs- und Unterstützungsleistungen von herausragender Bedeutung sind“.

Nachdem eine Beschaffung im Rahmen eines Direct Commercial Sale (DCS) aus Kostengründen vor kurzem abgebrochen wurde, soll es eine Anfrage an die US-Regierung im Rahmen eines so genannten Foreign Military Sale (FMS) gegeben haben. Die einzigen Kandidaten, die im FMS Programm verfügbar sind, ist die Boeing CH-47F Chinook und die aktuelle Sikorsky CH-53K.

 

Vorreiter Israel

Neben einem Auftrag durch die Bundeswehr wurde im Falle der Sikorsky CH-53K vor allem auch eine mögliche Beschaffung durch die israelischen Streitkräfte beobachtet. Anfang Januar gab es dort jetzt neue Entwicklungen.

Laut Medienberichten wird in den kommenden Tagen eine Empfehlung des Inspekteurs der israelischen Luftwaffe (Israeli Air Force – IAF) erwartet, die Sikorsky CH-53K zu beschaffen.

Ausschlaggebender Grund seien vor allem die Kosten. Dabei werden die Beschaffungs- und Lebenswegkosten über einen Zeitraum von 25 Jahren betrachtet, so die israelische Luftwaffe. Parallel soll auch eine Entscheidung zur Beschaffung von Boeing/Bell V-22 Hubschraubern bekannt gegeben werden. An der V-22 aber gibt es aufgrund hoher Wartungskosten Kritik und israelische Offziere haben öffentlich gewarnt, bei einer Entscheidung pro V-22 müssten dann wohl weniger schwere Transporthubschrauber beschafft werden. Ebenfalls könnte das Beschaffungsvorhaben das F-35 Kampfflugzeug als Paket mit einbeziehen.

Aufgrund der politischen Krise und der Corona-Pandemie hat das israelische Verteidigungsministerium seine Beschaffungsliste auf das reduziert, was als am dringendsten benötigt wird. Laut einem Sicherheitsexperten im Land sind dies wohl der sofortige Kauf der F-35 Flugzeuge und CH-53K Hubschrauber. In Israel will man den Nachbarn weiterhin überlegen sein, die derzeit unter anderem Eurofighter beschaffen. Im Falle der israelischen Hubschrauber sind, ähnlich wie auch in Deutschland veraltete CH-53 (in der israelischen D Version) zu ersetzen. Letztere werden vor allem für die Infanterie, Luftretter und Spezialkräfte eingesetzt. Im Falle der F-35 ist ein Kauf von weiteren zehn Maschinen und einer Option für 15 vorgesehen. Damit würden insgesamt bis zu 75 Maschinen beschafft.

Laut einer Quelle im israelischen Verteidigungsministerium sollen bei der CH-53K vor allem die geringeren Kosten den Ausschlag gegeben haben. Die Beschaffungskosten seien bei dem Modell anfangs höher als beim Konkurrenten von Boeing, jedoch seien die errechneten Lebenswegkosten auf die geplanten mindestens 25 Jahre deutlich geringer und würden somit in der Gesamtsumme besser sein.

Israel will die Beschaffung über einen Foreign Military Sale (FMS) durchführen.

 

Situation in Deutschland

Was bedeutet eine mögliche positive Entscheidung für das STH-Projekt in Deutschland?

Da auch Deutschland eine FMS-Anfrage gestartet hat, könnte man die Beschaffung beider Nationen als Partner kombinieren. Dieses könnte einen positiven Einfluss auf den Preis haben. Dadurch würden sich auch Vorteile im Rahmen der langjährigen Partnerschaft mit Israel bei Ausbildung und Einsatz ergeben.

Auch bereits die Evaluierungsflüge mit der CH-53K wurden 2019 von beiden Nationen zeitgleich in den USA durchgeführt. Die israelische und deutsche Luftwaffe standen seit dem in einem intensiven Austausch zu diesem Beschaffungsprojekt.

Interessant ist die Begründung in Israel mit einem geringeren Gesamtpreis für die CH-53K. In Deutschland wurde beim Thema Preis vor allem die Boeing CH-47 bevorzugt, weil hier die Beschaffungskosten deutlich geringer seien.

Wie bereits beim letzten Pressegespräch mit Sikorsky bestätigt, stehen für den deutschen Bedarf immer noch ausreichend Produktionskapazitäten zur Verfügung, selbst bei einer früheren israelischen Bestellung. Die Gesamtproduktionskapazitäten für die CH-53K im Sikorsky Hauptwerk in Stratford, Connecticut, sind bereits jetzt für weitere internationale Bestellungen, neben der laufenden Fertigung von insgesamt 200 CH-53K für das U.S. Marine Corps, ausgelegt.

In Israel sollen bis zu 24 schwere Transporthubschrauber beschafft werden.

Das Naval Air Systems Command (NAVAIR) hat am 26. Oktober 2020 mit Sikorsky – Lockheed Martin, einen 470-Millionen-Euro-Vertrag über Produktion und Lieferung weiterer sechs schwerer Transporthubschrauber CH-53K „King Stallion“ abgeschlossen. Neben der Lieferung der Luftfahrzeuge wurden auch programmatische und technische Unterstützung sowie die Bereitstellung von Sonderwerkzeugen vereinbart. Die Hubschrauber sollen 2024 geliefert werden. Mit dem Los 4 sind insgesamt 24 CH-53K unter Vertrag.

Die Verträge für das 5. und 6. Los mit acht bzw. elf Hubschraubern sind in Vorbereitung und sollen dieses Jahr abgeschlossen werden.

In Deutschland wurde die CH-53K durch ein Team unter Führung von Sikorsky und Rheinmetall (Simulation, Ausbildung, technische Dokumentation, Wartung, Reparatur & Betrieb) angeboten. Hinzu kamen namhafte deutsche Unternehmen wie MTU Aero Engines (Triebwerk & Wartung), Autoflug GmbH (Sitze, Rettungsmittel, MEDEVAC-Ausstattung), Hydro Systems KG (Bodengeräte und Sonderwerkzeuge), Hensoldt (Selbstschutzsystem, Missionsplanungssystem), Vincorion (Winde), ZF (dynamische Komponenten), Liebherr (Fahrwerkssystem), Collins Aerospace (Cockpit & Avionik) sowie Rohde & Schwarz (Funk).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(Beitragsbilder: Sikorsky)

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