„Das Gewehr ist die Braut des Soldaten“. Woher stammt eigentlich diese moralisch fragwürdige Metapher? Wer möchte heutzutage schon so eine künftige Ehefrau – tarnfarbig bleich, meist vorwurfsvoll stumm, dann wieder ohrenbetäubend laut, mit vielen fiesen Ecken und Kanten, am ganzen Körper stahlhart und abweisend kühl und außerdem noch übel nach Waffenöl müffelnd!
Allerdings ist dieser Vergleich aus Zeiten längst vergangener und zudem frauenfeindlicher Kasernenhof-Poesie eine Steilvorlage für jeden Autor. Das könnte beim gegenwärtigen Chaos um das neue Sturmgewehr etwa so aussehen: Von der treuen Geliebten „G36“ ist schnöde die Trennung beschlossen; über den Verbleib der Liebsten davor namens „G3“ weiß man nichts Genaues, ahnt aber Böses; und mit den flotten jungen Damen, die man(n) jetzt im Visier hatte, gibt es nur mächtig Ärger. Die letztendlich Auserkorene muss sogar wegen angeblicher Patentrechtsverletzung vor Gericht und dann vielleicht in den Knast – also eine Braut, der man nicht traut. Selbst über Parship („Alle elf Minuten verliebt sich ein Soldat in ein Gewehr“) ist da wohl nix mehr zu retten.
Albern? Klar! Das fing doch schon im April 2015 mit der ministeriellen Attacke gegen das G36 an. Fortan diente diese bewährte Waffe vorrangig Kabarettisten und Büttenrednern als treffendes oder besser: eben nicht treffendes Beispiel für den angeblich katastrophalen Gesamtzustand der Bundeswehr: Haha, ihre Gewehre schießen allesamt friedliebend um die Ecke, im Manöver stellen schwarz angemalte Besenstiele die MG‘s am Panzerturm dar, bei den neuen Fregatten blättert schon in der Werft die Farbe ab, und der neue Schützenpanzer, ein Berliner Flughafen auf Ketten, wird gefühlt seit Jahrzehnten dauererprobt.
Warum soll es also mit der Brautschau besser funktionieren? Wobei sich nicht nur der Laie wundert: Selbst Soldaten, die im Afghanistan-Einsatz im Gefecht standen, wollten die Kritik am G36 in dieser Schärfe nicht nachvollziehen. Ja, das Kaliber sei eigentlich zu klein und in manchen Lagen nicht durchschlagskräftig genug, hieß es allenfalls. Ausgerechnet das aber soll bei der neuen Waffe beibehalten werden – Rätsel über Rätsel.
Dem alten Soldaten gefällt die nun doch mutmaßlich verschmähte Braut aus Suhl ohnehin schon darum nicht, weil sie zwar schick aussieht, aber vor Ecken, Kanten, Löchern, Mulden, Ritzen usw. nur so strotzt. Ein Alptraum beim Waffenreinigen! Ohne Lupe, Ohrenstäbchen, Pinzette, Mini-Pinsel, Pusteröhrchen und dem heimlichen Gang zur Dusche dürfte der brave Soldat, zurück vom sandigen und schlammigen Standortübungsplatz, schlicht aufgeschmissen sein. Spielverderber mit Mathe-Studium könnten zudem einwerfen, dass den 120.000 bestellten Bräuten zurzeit knapp 185.000 männliche und weibliche Bräutigame gegenüberstehen – die künftig vorgesehenen bis zu 100.000 Bräutigame der Reserve gar nicht gerechnet. Womit soll sich denn die Differenz wehren?
Schluss mit solch kleingeistigen wie ahnungslosen Nörgeleien! Jetzt streiten erst mal die Juristen. Und deshalb kann es noch lange dauern bis zur neuen Verlobung. Genießen wir bis dahin unser Junggesell(inn)en-Dasein!
Frühreif oder „früh übt sich“? Der Autor und seine Bräute. Fotos: mic
…. die neue Braut hätte ja einen orientalischen Flair mit den Überraschungen aus 1001 einer Nacht bieten können – wir werden es wohl nie erfahren …